1970 — 1979

Hanno Edelmann im hamburger Atelier

Staatsbegräbnis 1970 Mischt. / Leinw. 80/250

Ein Fest für Boris 1971/72 Mischt. / Leinw. 70/200 cm

Joseph Beuys 1972 Mischt. / Leinw. 70/90 cm

Die rote Rose 1971 Mischt. / Leinw. 40/40 cm

Höllensturz 1966/75 Mischt. / Leinw. 200/250 cm

Monsieur Rousseau 1979 Mischt. / Leinw. 53/60 cm

Bettlerhochzeit 1973 Mischt. / Leinw. 70/90 cm
“Das Tor zur Welt” wird Hamburg genannt. Der Maler und Graphiker Hanno Edelmann lebt in Hamburg. Sein Atelier in Rahlstedt könnte man mit Recht “Tor zu den Welten” nennen. Seine Werke zeigen mehr, als das menschliche Auge auffängt, sie offenbaren Einblicke und Ausblicke und, wo es heilsam ist, auch Rückblicke. Er sieht den Dingen und vor allem auch den Menschen auf den Grund und findet dabei Strukturen, die mit der metaphysischen Existenz alles Seienden in engster Verbindung stehen»
Im Anfang seines Schaffens, in den fünfziger Jahren, wurden ihm gotische Lineamente zum Durchgang zu den ganz eigenen Krakeluren, welche unverwechselbar die Autorschaft des Künstlers bezeugen und durch das Signum des Reiters im Narrengewande bestätigt werden. Die Verwandlung alles Gesehenen zum Bilde gelingt Hanno Edelmann so vollkommen aber nur, weil er sich eine solide technische Meisterschaft erworben hat. Die souveräne Beherrschung des Handwerklichen setzt ihn in die Lage, die geistigen Bewegungen, die seinen Bildern immanent sind, zum Ausdruck zu bringen. Es ist interessant, wie er in seinen Arbeiten immer wieder These und Antithese gegeneinandersetzt und auf diese Weise sowohl seine Techniken erweitert wie auch den Ausdruck verändert.
So kommt es dazu, daß man in dem zahlreichen Werk kaum Repliken findet. Jedes Bild ist ein wahrhaftes Original aus sich selbst heraus und nicht nur durch die Signatur des Künstlers.
Die graphischen Strukturen hat Hanno Edelmann auch in sein gemaltes Werk hineingetragen. So selbstverständlich es ist, daß er alle Drucke mit eigener Hand ausführt, so selbstverständlich reibt er auch die Emulsionen seiner Palette an. Farben sind bei ihm stets Träger des seelischen Vorganges. Ihre genau berechnete Vereinigung mit den Bildstrukturen steigert die Wirkung des Bildes. Das gilt schon für die Aquarelle, die man besser Gemälde in Wasserfarben nennen sollte. Bei den Leinwänden nun sind diese Strukturen nicht nur gemalt. Indem der Künstler auf die Leinwand Gewebe appliziert und danach erst die Grundierung aufträgt, erhalten die Farben rhythmische Effekte. Dazu haben sich die Valeurs, die anfangs dunkel waren, durch das Griechenlanderlebnis zu strahlender Klarheit aufgehellt.
Hanno Edelmann malt Figurenbilder, Bildnisse, Landschaften, Wo der Mensch auftritt, sind die Gesichter und die Hände, die stets in ausdrucksvolle Beziehung zueinandergesetzt sind, die ruhenden Flächen, auf die hin alle Bewegung der Farben und Strukturen zuläuft und die dadurch das Wesen des Menschen strahlen, sei es als Resignation, als Hoffnung oder Hingabe. Alle Werke verkünden menschliche Würde. Nicht zuletzt gibt dieser Beitrag zur Humanität dem Werke Hanno Edelmann seinen hohen Rang.
Dr. Walter W. Müller
Das Bild des Menschen
Edelmanns Ausstellung in der Galerie Altschwager
Die Hamburger Kunstszene hat ihn wieder: Hanno Edelmann — der nicht Unbekannte! — ist nach mehr als fünf Jahren in die hiesige Öffentlichkeit zurückgekehrt. Die wortwörtlich reizvolle Ausstellung „Novemberblätter” im Gemeindehaus St. Petri, die Beteiligung an der Sammelausstellung im Kunsthaus und an der erfolgreichen Auktion zugunsten von Amnesty International vor Jahresschluß 1971 kann man als eine Art Einstimmung werten für die jetzt von der Galerie Altschwager veranstaltete Edelmann-Ausstellung. Sie ist in der Tat das, was man gemeinhin leichtzüngig „ein Ereignis” zu nennen pflegt.
Hanno Edelmann, Jahrgang 1923, während der langen Pausen zwischen den hamburgischen Präsentationen mit Aufträgen für die Kunst am Bau beschäftigt und von Initiatoren außerhalb der Hansestadt gefordert, hielt sich vom hektischen Kunstbetrieb spartanisch zurück — skeptisch und doch hellwach. Diese seine spröde Abstinenz bedeutet eine angespannte Konzentration auf sein Werk, seine eigensinnige Position als Maler und Grafiker in der Aktualität. Sie war eine permanent gesteigerte Forderung an sich selbst.
Was Hanno Edelmann jetzt als Resultat seiner Zurückgezogenheit vorweist, ist eines der seltenen Beispiele intensiver Anstrengungen aus lang angelegtem Fundus: eine Profilierung des Talents die schlicht das Prädikat „Meisterschaft” verdient.
Edelmanns neue Arbeiten — Aquarelle, Zeichnungen und Bilder — lenken das Augenmerk des Betrachters auf den Menschen in seinen Verstrickungen — Drama und Komödie, ohne Zynismus ineinander verwoben. Der die Vordergründigkeiten durchbrechende Blick und, ganz wesentlich, das Vermögen, herausfordernde Thematik in eine treffende künstlerische Form ohne Schablone zu übersetzen: dies macht Edelmanns Bilder so aufregend wie nachdenklich.
Hier muß man genau hinsehen. Dann erschließt sich die Hintergründigkeit. Dabei bleibt die Augenweide nicht aus: das Vergnügen an faszinierenden griechischen Landschaften nicht minder als an den virtuosen Erfindungen und Pointen, an den brillanten „technischen Zutaten” zu den malerischen Motiven und Szenerien.
Paul Theodor Hoffmann 1971